Zur Einführung
in das
Thema:
Seit
mehr als einem Jahrzehnt wird in Dresden eine öffentliche Diskussion geführt, in der Augenzeugen von
selbsterlebten Tieffliegerangriffen am 14. Februar 1945 berichten.
Den Anlaß dafür gaben Historiker, die sich mit
den Einzelheiten der Bombardierung Dresdens befaßt haben. Sie ermittelten, vornehmlich durch
Aktenrecherchen, daß es solche Tieffliegerangriffe nicht gegeben
hat. Mit ihrer Aussage finden sie Unterstützung durch die Dresdner
Historikerkommission und die Mehrzahl der Medien, insbesondere durch
überregionale Medien. Ungeachtet deren Meinungsdominanz hat sich der
Widerspruch in Dresden zu einer gesellschaftspolitischen Dimension
ausgeweitet. Die Generation der Augenzeugen wird es bald nicht mehr
geben. Deshalb ist
es dringend geboten, dem Konflikt nachzugehen, um eine Verfestigung
möglicher Irrtümer durch die neuerliche und künftige
Geschichtsschreibung ausschließen zu können.
Das Thema „Tiefflieger Dresden 1945“ bearbeite ich seit dem Jahr
2005.
Dresdner Augenzeugen erinnern sich an
Tiefflieger zu sehr unterschiedlichen Zeiten.
Sowohl bei den
zwei Nachtangriffen am 13./14. Februar, als auch tagsüber am 14. und
15. Februar beobachteten sie tief fliegende Flugzeuge. Das
Hauptaugenmerk in der Auseinandersetzung liegt momentan auf den
Tieffliegerbeobachtungen am 14. Februar 1945. Beim Studium der
Fachliteratur erkannte ich, daß die mit dem Thema befaßten
Historiker Bergander und Dr. Schnatz die überaus zahlreichen
Augenzeugenberichte nicht hinreichend in ihre wissenschaftlichen
Untersuchungen einbezogen haben. Das war für mich Anreiz, diesen
methodischen Mangel durch neue Recherchen und Analysen zu beheben.
Das
Ergebnis meiner Untersuchungen veröffentlichte ich im Jahr 2009 auf
dem Dresdner Geschichtsmarkt: Augenzeugen erinnern sich,
übereinstimmend und unabhängig voneinander, schon zur Vormittagszeit
des 14. Februar 1945 an Tiefflieger, also noch vor dem
Mittagsangriff der 8. US-Bomberflotte. Das ist ein Sachverhalt, der
bisher nicht beschrieben worden ist. Mit diesem Befund ergibt sich
nunmehr ein erweiterter Blick auf die Ereignisse dieses Tages. Darin
liegt m.E.
der Lösungsansatz für den schwelenden, öffentlichen Konflikt.
Der von Schnatz geführte Nachweis, daß in den von ihm untersuchten Dokumenten keine Hinweise auf
Tieffliegerangriffe existieren, ist ein achtbares Forschungsergebnis. Es
ist jedoch kein ausschließlicher Beweis dagegen, daß die von vielen Augenzeugen örtlich und
zeitlich übereinstimmend geschilderten Ereignisse nicht doch
stattgefunden haben. Dieser
Widerspruch fordert zu neuen
Forschungsfragen heraus.
Auch der Dresdner
Historikerkommission waren meine Ergebnisse bekannt.
Obwohl sie selbst über einen vergleichbaren, aussagefähigen
Augenzeugenfundus verfügt, hat sie eine sachlich-kritische
Zusammenarbeit vermieden.
Im Jahr 2010
veröffentlichte
sie ihren Abschlußbericht. Folgerichtig wird darin das untersuchte Ereignis, trotz bemerkenswert
übereinstimmend geschilderter Details, nicht berücksichtigt und
demzufolge als nicht existent abgelehnt (Schnatz: "Neue
Theorie"). Bei einem solchen Standpunkt ist die
geschichtspolitische Position dieser Kommission unschwer erkennbar.
Seriöse
Geschichtsforschung wird sich dem
Thema jedoch auf Dauer nicht verschließen können.
Gert Bürgel
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Grayling,
Die toten Städte, München 2006, (Zitat, Seite 14)
Man
muß die historische Wahrheit herausarbeiten, bevor sie durch
Legendenbildung verdreht und durch grobe Vereinfachungen verzerrt wird.
(...) Künftige Historiker werden sich weitgehend an den Urteilen
orientieren, die wir heute fällen.
Aufgrund unserer Nähe zum
Krieg - noch sind die Überlebenden unter uns oder leben in unseren
persönlichen Erinnerungen fort – und der gleichzeitigen Distanz –
nachdem eine Generation zwischen uns und den damaligen Ereignissen liegt
- wird das, was wir zu sagen haben, das künftige Verständnis dieses
Aspektes des 2. Weltkrieges mit prägen.
(Hervorhebungen
nachträglich)
Leandro Marthon-Karoly
Zirkus Sarrasani
Augenzeuge der Tieffliegerangriffe
„Wir Zeitzeugen sind nach mehr als
60 Jahren in der misslichen Lage,
Tatsachen noch einmal beweisen zu müssen.“
Dr.
Helmut Schnatz
Mitglied der
Historikerkommission.
"Luftkriegslegenden in
Dresden"
historikum.net
(Zitatstelle)
Die Behauptung, dass
die Menschen, die aus dem Brandgebiet flüchteten und auf den Elbwiesen
und im Großen Garten Zuflucht suchten, sowohl nachts, auch vor allem am
Tage durch Tiefflieger angegriffen und mit Bordwaffen zusammengeschossen
worden seien, ist womöglich die zählebigste unter den Legenden
über die Angriffe auf Dresden im Februar 1945. Sie wird dort
gewissermaßen mit Klauen und Zähnen erbittert gegen
entgegenstehende Erkenntnisse aus neuester wissenschaftlicher Forschung
verteidigt.
Die herrschende Geschichtsschreibung
ist die Geschichtsschreibung
der Herrschenden.
Karl Marx
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