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Tiefflieger - Zum Thema - Spurensuche

Tiefflieger - Dresden 1945

 

 

Späte Spurensuche in Dresden

Die vergebliche Suche nach den Geschossen der Tiefflieger

 

1. Spurensuche einer Projektgruppe der Historikerkommission

 

Im Januar 2007 präzisierte der Stadtrat die Aufgabenstellungen der Historikerkommission. Wegen der Aktualität des vieldiskutierten Tiefflieger-Themas sollte nunmehr "auf der Grundlage bisheriger Forschungen und Quellen sowie archäologischer Untersuchungen auch die Frage erörtert werden, ob es vom 13. bis zum 15. Februar 1945 zu Tieffliegerangriffen über Dresden gekommen ist".

 

Unter Leitung von Wolfgang Fleischer wurde eine Projektgruppe des Militärhistorischen Museums  beauftragt "Verdachtsflächen" auszuwählen, auf denen dann im Erdreich nach Projektilen der Bordwaffenmunition gesucht werden soll. Technische Unterstützung erhielt sie vom Fachdienst Kampfmittelbeseitigung Sachsen.

Ein Bericht über dieses Vorhaben ist (leider nur) in der Buchversion der Ergebnisse der Historikerkommission enthalten:

 

Müller/Schönherr/Widera; Die Zerstörung Dresdens 13. bis 15. Februar 1945;

Göttingen 2010.

Siehe dort Seite 177-188:  Wolfgang Fleischer/Udo Hänchen;

Tieffliegerangriffe auf Dresden am 13. und 14. Februar 1945;

 

Die Auswahl der Verdachtsflächen erfolgte auf der Grundlage von 220 größtenteils von der Projektgruppe selbst erfaßten Augenzeugenberichten. Nur knapp die Hälfte davon enthielt eine ausreichende Informationsmenge, die entsprechend der Auswahlkriterien weiter eingeschränkt werden mußte. Der Bericht benennt 103 Eintragungen in einem Stadtplan, der aber nicht veröffentlicht wurde. 

 

Schwierigkeiten bei der Auswahl solcher Flächen machten zwischenzeitliche Überbauungen, neue Verkehrswegeführungen und Oberflächenveränderungen, z.B. im Elbuferbereich. So blieben nur sechs Flächen für eine aussichtsreiche Munitionssuche übrig.

 

Wie die BILD-Zeitung laut Fleischer berichtete, erfolgten die Suchaktionen  "geheim", weil  die Projektgruppe befürchtete, daß Betrüger und Geschichtsfälscher absichtlich Munition vergraben könnten. In unglaublicher, nahezu an Diffamierung grenzender Weise wird damit der auch international anerkannte Waffen- und Munitionssachverständige Stefan Zinke in Verbindung gebracht (siehe dazu weiter unten im Text).

 

Der Bericht nennt jene Flächen, die von März 2007 bis April 2008 mit professionellen Metallsuchgeräten und Bodensonden abgesucht wurden.

 

- Radeberger Landstraße, Parkplatz (Dresdner Heide)

- Sternweg, Unterführung der Bundesautobahn (südlicher Teil des Heidefriedhofs)

- Ostra-Gehege, Elbwiesen, vormals  „Onkel Toms Hütte“

- Radebeul, Meißner Straße, nördliche der Unterführung Autobahn A4

- Großer Garten, parallel zur Stübelallee, ab Höhe Fürstenallee

- Großer Garten, Neuer Teich

 

Bei keiner dieser Aktionen wurden Projektile gefunden. Über zwei Suchaktionen berichtete die Lokalpresse:

 

- SZ vom 2.3.07Keine Beweise für Tiefflieger“ (Dresdner Heide)

Wer sich den Artikel genau durchliest, wundert sich über die Oberflächlichkeit, mit der diese Suchaktion vorbereitet wurden:

... „Der Boden ist hier aufgeschüttet mit Schlacke und erzhaltigem Schotter, da reagieren die Detektoren anders", sagt Lange. ... Parallel dazu wurden Bäume untersucht, deren Rinden Verletzungen tragen. Doch selbst nach einer Probebohrung finden sich weder
Eisenspuren noch ein Geschoss. Forstmitarbeiter sagen, die Bäume seien auch viel zu jung."
(Hervorhebungen nachträglich)

 

- SZ vom 10./11.2. 2007Mustangs über Onkel Toms Hütte“ (Ostra-Gehege)

Curt Hoffmann ist jener Augenzeuge, auf dessen Bericht hin das Gebiet abgesucht wurde.  Nach Erscheinen des Zeitungsberichtes fragte ich Herrn Hoffmann, ob zuvor mit ihm ein Ortstermin vereinbart wurde, damit die Suchmannschaft präzise Angaben zu dem großen Gelände erhält. Das verneint er. Von der Aktion habe er auch nur aus der Zeitung erfahren.

 

Das Areal "Onkel Toms Hütte" im Ostra-Gehege (Pieschener Allee) umfaßt vom Begriff her einen Elbwiesenbereich  von mehr als 1000 Meter Länge mit einer Breite von über 100 Meter. Eine sinnvolle Eingrenzung des Suchgebietes bedarf deshalb der Augenzeugenbeschreibung. Wie groß war die abgesuchte Suchfläche? Stimmte diese mit der Augenzeugenschilderung überein?  

 

Das Fazit:

Soweit einem Außenstehenden aufgrund dieser Zeitungsberichte ein Urteil erlaubt ist, darf auf die Oberflächlichkeit der Vorbereitung dieser beiden Suchaktionen hingewiesen werden. Und es muß die Frage erlaubt sein, wieviel Vertrauen die Öffentlichkeit dann in Auswahl, Durchführung und Ergebnisse der anderen Aktionen noch haben darf. Die Augenzeugenberichte zu den ausgewählten Verdachtsflächen sind nicht veröffentlicht worden.

 

 

2. Spurensuche Dresdner Bürger

 

Das Vorhaben der Munitionssuche seitens der Historikerkommission war der Öffentlichkeit bekannt. Und so erhielt ich zu den Augenzeugenberichten auch zahlreiche Hinweise auf vermeintliche Munitionsspuren.

 

Eine Beschreibung gab Joachim B. In seinem schriftlichen Bericht (Schußkanal in einem Möbelstück) benennt er überdies Geschoßtreffer an der Wohnhausfassade seines Elternhauses. Das beschriebene Möbelstück ist nicht mehr vorhanden und auch die Auswertung der Fotos an dem renovierten Haus läßt heute keine beweiskräftigen Rückschlüsse mehr zu.

 

Ein anderer Augenzeuge (Gerhard L.), der mit seinen Beschreibungen in meinem interaktiven Stadtplan verzeichnet ist, schildert sehr anschaulich, wie er „das Spratzen“ der Bordwaffengeschosse auf einem gepflasterten Wegstück am Johannstädter Elbufer, in Höhe des Ruderclubs (Gaststätte) gesehen hat. An der angegebenen Stelle habe ich tatsächlich Gravuren in Pflastersteinen gefunden, die entsprechend gedeutet werden könnten. Jedoch sind auch diese Funde nicht eindeutig, sie lassen Spielraum für Interpretationen und Zweifel.

 

Geradezu sensationell war hingegen der Fund eines Projektils, das in einem Sandsteinsockel der Kapitelle (Dachüberhang/Dachsims) der Annenkirche steckte. Ganz augenscheinlich sah es so aus, als ob damit ein Nachweis der gesuchten Bordwaffen-Munition gelungen sei. Doch der Munitionsexperte Zinke stellte fest, daß dieses Projektil im Durchmesser um ganze 1,8 Millimeter größer war als das der US-amerikanischen Bordwaffen-MGs. Bei dem Fund handelt es sich um das Geschoß eines überschweren MGs sowjetischer Bauart mit Durchmesser 14,5 mm, welches auch um 10 mm länger ist. Aus der Einschußrichtung und der Kenntnis der letzten militärischen Kampfhandlungen am 8. Mai 1945 wird, laut Zinke, der Park des Japanisches Palais, als Abschußort bestimmt.

 

Das bisher einzige, eindeutige Beweisstück für den Bordwaffengebrauch im Stadtgebiet von Dresden ist eine leere Patronenhülse für 12,7 mm-Geschosse US-amerikanischer Produktion, Cal. .50 US-Browning, die von Zinke im August 1974 am Johannstädter Elbufer in Höhe des Stromkilometer 52, nahe der Saloppe, gefunden wurde. Dieser Zufallsfund hatte für ihn damals nicht diese Bedeutung, die ihm heute beigemessen wird.

Doch auch damit läßt sich der genaue Auftreff-Ort nicht bestimmen (Schwemmgut infolge Hochwassers?). Sollte diese Patronenhülse seit 1945 unverändert am Fundort gelegen haben, wäre sie sowohl ein Indiz für den von Augenzeugen geschilderten Bordwaffenbeschuß im Bereich der Elbwiesen, wie auch für die von Schnatz und Bergander angenommene Verfolgungsjagd (Elbquerung) deutscher und US-amerikanischer Jagdflugzeuge. Ergänzend verweist Fleischer dazu in seinem Bericht auf Beschädigungen in einer Stützmauer nahe der Saloppe, die von dieser Verfolgungsjagd herrühren könnten.

 

Weitere Hinweise Dresdner Bürger auf Geschoßspuren im Stadtgebiet erwiesen sich nach eingehender Prüfung als nicht zutreffend.

 

Das Fazit aus allen bisherigen Suchaktionen:

Die Idee, die zahlreichen Augenzeugenschilderungen anhand vom Munitionsfunden zu belegen, ist nicht falsch. Bei wenigen ausgewählten Suchflächen ist, zumal nach mehr als 60 Jahren, auch die Wahrscheinlichkeit eines Erfolges gering. Der bisherige Mißerfolg ist jedoch kein Beweis, daß die von den Augenzeugen geschilderten Ereignisse nicht doch stattgefunden haben. Ein plausibles Gleichnis möge das verdeutlichen:

 

Wenn ein Wanderer in ein kleines Waldstück geht, dort nach Pilzen sucht und keine gefunden hat, darf er nicht schlußfolgern, daß es im ganzen Wald keine Pilze gäbe. Er darf nur sagen, „Ich habe bei meiner Suche nichts gefunden“.

 

Wie so oft in der Menschheitsgeschichte liefert

der archäologische Zufall bessere Ergebnisse als der sich mühende Mensch ...

 









Verwirrende Uneinigkeit

 Die Historikerkommission sagt:

 

"Anflüge bzw. Angriffe einzelner Jagdflugzeuge sind ... nicht auszuschließen",

nachlesbar im Bericht:

 

Wolfgang Fleischer/Udo Hänchen;

 Tieffliegerangriffe auf Dresden am 13. und 14. Februar 1945

in:

Müller/Schönherr/Widera;

Die Zerstörung Dresdens

13. bis 14. Februar 1945

Göttingen 2010

 

Zitat, Seite 186/187

Es kann einer so großen Zahl von Zeitzeugen allerdings nicht unterstellt werden, dass ihren Berichten jede reale Grundlage fehlen würde. (...) Anflüge bzw. Angriffe einzelner Jagdflugzeuge P-51 D Mustang der USAAF (United States Army Air Force] sind deshalb nicht auszuschließen auch wenn, wie Schnatz anhand von Dokumenten nachweisen kann, die Befehlslage für die amerikanischen Begleitjäger eine andere gewesen ist.

Auf eine Polemik zum Unterschied von Befehl und Befehlsausführung muß an dieser Stelle verzichtet werden. Sie ist in der Tieffliegerfrage auch keine Unterstützung bei der Bewertung der unterschiedlichen Standpunkte.

(Hervorhebungen nachträglich)

 

 

Unerwähnt bleiben diese "unterschiedlichen Standpunkte" bei allen geschichtspolitisch agierenden Medien. Diese verbreiten nur die gegenteilige Darstellung, s. Abschlußbericht der Kommission, Seite 71-73.

 

Oder hier:

(Zitat aus der Pressemitteilung der Stadt Dresden v. 17.3.2010)

 

"Im Ergebnis der Auswertung militärischer und ziviler Dokumente aus deutschen und alliierten Quellen konnten Tieffliegerangriffe zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 auf das Stadtgebiet von Dresden ausgeschlossen werden."

 


 

 
 

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